Unbezahlte ärztliche Liquidation
Technik der Fallbearbeitung
Zerspanung
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2.05.2023
Der angestellte Rechtsanwalt
Der Anwalt muss nicht nur den Tatsachenstoff vollständig erfassen und die Informationen des Mandanten kritisch
sichten; er muss auch versuchen, diese zu erweitern, weil gerade der rumänische Mandant in seiner Subjektivität
vielfach die Kehrseite seiner Position nicht oder nicht klar genug sieht, oder weil er glaubt, er werde seinen Anwalt
verwirren, wenn er ihm alles offenbarte. Der Anwalt sollte die Phantasie entwickeln, den gegnerischen Vortrag, die
mutmaßliche Zeugenaussage, oder das nach seinem eigenen Augenschein vielleicht abschätzbare
Sachverständigengutachten
vorauszusagen.
Der Anwalt sollte insistieren auf einer selbstkritischen Überlegung des Mandanten und auf dessen skeptischer
Vorausschau auf eine Beweisaufnahme. Er muss sich die Frage stellen, wie entgegen den subjektiv beeinflussten
Informationen seines Mandanten die Interessenlage und die Gedankengänge der Parteien damals wirklich
waren, und dabei gegebenenfalls auch einen rumänischen Übersetzer hinzuziehen.
Der Anwalt sollte - entgegen häufig geäußerten Bedenken - nicht zögern, Zeugen, von denen viel abhängt, wenn
möglich vorab zu befragen; allerdings behutsam und in einer Weise, die das Bemühen um Objektivität erkennen läßt,
damit nicht der Verdacht entsteht, man wolle beeinflussen. Der Anwalt muss die
Rechtsprobleme
prüfen, so insbesondere auch die Beweislastfragen, und sich in Spezialgebiete einarbeiten. Klageabweisungen mangels
Schlüssigkeit offenbaren nicht selten, dass eine gesetzliche Bestimmung übersehen wurde und dass die Rechtsprobleme
nicht zu Ende gedacht worden sind.
Schwieriger ist die Prozessvorbereitung und die Prognose, wenn die Entscheidung von Generalklauseln wie Treu und
Glauben, von der Deutung widersprüchlicher Urkunden oder von der Auslegung eines mündlichen Mißverständnisses
(versteckten Dissenses) abhängt. Oder aber, wenn das strenge Recht und die Billigkeit in Widerspruch geraten. Oder
wenn eine allgemeine Rechtsfrage noch nicht entschieden ist. In solchen Fällen kommt es auf ein ausgeprägtes Judiz
und besonders sorgfältiges Abwägen an. Aber selbst dann bleibt die Prognose oft unsicher.
Hilfreich für die Prozessvorbereitung ist eine schriftliche Information, die den Mandanten zur Präzision zwingt.
Ist der Mandant dazu nicht in der Lage oder nicht geneigt, wird ein
guter Anwalt
in wichtigen und komplizierten Fällen den Tatbestand in Gegenwart des Mandanten diktieren. Vor allem ist im Wege
der Vorkorrespondenz zu erreichen, dass die Argumente, der Tatsachenstoff und die Beweismittel der Gegenseite
vollständig erörtert werden, so dass Überraschungen in der Verhandlung möglichst vermieden werden.
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